"Wir liegen sehr gut im Plan. Ab 2024 wollen wir im Schnitt 2,5 Millionen FTTH-Anschlüsse pro Jahr bauen ..."
Interview zum Glasfaser-Ausbau bei der Deutschen Telekom mit Sprecher Christoph Handwerk
Leipzig, 02.11.2022; Superschnelle Internetzugänge mit deutlich über 100 MBit/s werden immer öfter nachgefragt und erfreuen sich nicht nur bei Streaming-Fans wachsender Beliebtheit. Die Grundlage für leistungsstarke Anschlüsse bildet ein dichtes Glasfasernetz. Noch hat Deutschland viel Nachholpotenzial, aber seit einigen Jahren geht es endlich voran beim Glasfaser-Ausbau. Fast 10 Jahre ist es nun bereits her, dass wir uns mit der Deutschen Telekom zum aktuellen Stand der Dinge unterhielten! Ein Grund also, nach dem aktuellen Status zu fragen und wie es um die Pläne in der nahen Zukunft steht. Wann werden alle Gigabit-Internet haben? Pressesprecher Christoph Handwerk hat uns freundlicher Weise die für uns drängendsten Fragen beantwortet.
Glasfaser-Internet.info: Erst einmal vielen Dank für das Interview. Schön, dass Sie Zeit gefunden haben! Unser Thema ist ja der Glasfaser-Ausbau (FTTH/FTTB) in Deutschland. Zunächst interessiert die Leser und uns natürlich: Was ist der aktuelle Stand bei der Deutschen Telekom diesbezüglich, also Ende 2022?
Christoph Handwerk: Wir liegen sehr gut im Plan. Aktuell können rund 4,5 Millionen Haushalte in Deutschland einen reinen Glasfaseranschluss der Telekom mit bis zu 1 Gbit/s bekommen. Unser Jahresziel von 2 Millionen neuen FTTH-Anschlüssen haben wir weiter fest im Blick.
Glasfaser-Internet.info: Zumindest rein subjektiv haben wir in den letzten 2-3 Jahren eine deutliche Beschleunigung beim Glasfaserausbau aus Ihrem Unternehmen festgestellt. Lässt sich das objektiv quantifizieren oder wird einfach nur mehr über das Thema berichtet?
Christoph Handwerk: Glasfaser ist die Technologie der Zukunft. Deshalb haben wir die Schlagzahl beim Ausbau in den vergangenen Jahren immer weiter erhöht. Zum Vergleich: 2021 haben wir rund 1,2 Millionen neue FTTH-Anschlüsse ermöglicht. 2022 sollen es schon 2 Millionen sein. Und ab 2024 wollen wir im Schnitt 2,5 Millionen FTTH-Anschlüsse pro Jahr bauen.
Glasfaser-Internet.info: Trotz etlicher Fortschritte: Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland nach wie vor eine eher hintere Position ein. Beim letzten Rankingvergleich des „FTTH-Council“ von Ende 2021, rangierten wir noch auf Platz 34 – wohlgemerkt aber in der 2. Gruppe mit Glasfaser-Ausbauquoten unter 25 Prozent. 40 andere Länder wiesen dagegen Penetrationsraten von über 25 oder sogar 50 Prozent auf. Ergibt also Platz 74 von 84 betrachteten Ländern. Sogar Staaten wie Peru oder die Philippinen lagen vor uns. Was ist da Ihrer Ansicht nach in der Vergangenheit hierzulande im Hinblick auf den Breitbandausbau falsch gelaufen?
(Quelle: https://www.ftthcouncil.eu/knowledge-centre/all-publications-and-assets/1463/ftth-b-global-ranking)
Christoph Handwerk: - Ländervergleiche sind immer kompliziert, da in anderen Staaten andere Regularien für den Ausbau vorherrschen. Nur ein Beispiel: Das oberirdische Verlegen von Glasfaser ist in Ländern in Südeuropa weit verbreitet. Vor allem in ländlichen Gebieten. In Deutschland ist der klassische Tiefbau weiterhin die am weitesten verbreitete Methode. Das ist allerdings um ein Vielfaches teurer und dauert auch um ein Vielfaches länger. Damit wir beim Ausbau von Glasfaser schneller vorankommen und effizienter wirtschaften können, plädieren wir deshalb schon lange für die Zulassung alternativer Verlegemethoden, wie etwa das Verlegen in Mindertiefe und weniger Bürokratie bei den Genehmigungsverfahren.
Glasfaser-Internet.info: Blicken wir aber nach vorne! Wo liegen Ihrer Meinung nach aktuell noch die Herausforderungen, um die Glasfaserausbau-Quote zu steigern und wie kommen wir (zeitnah) zu einem Stand, welcher einem modernen Industrieland gerecht wird?
Christoph Handwerk: Während der Pandemie hat sich gezeigt, dass unser Netz höchsten Anforderungen wie zum Beispiel durch Millionen Menschen im Home-Office, gewachsen ist. Die Entscheidung für Vectoring/Super-Vectoring als Übergangstechnologien war also richtig. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter und setzen bei unserem Ausbau auf reine Glasfaseranschlüsse, die auch in Zukunft High-Speed und Stabilität im Festnetz garantieren.
Glasfaser-Internet.info: Die Deutsche Telekom ging in der Vergangenheit einige Kooperationen mit den Konkurrenten Vodafone (z.B. Juli 2022), o2 (Oktober 2020), 1&1 (Februar 2022) usw. (wilhelm.tel & M-Net Anfang 2022) ein, um die Glasfaser-Ausbauziele in Deutschland schneller zu erfüllen. Inwieweit profitieren die einzelnen Unternehmen und natürlich die Telekom davon? Und was kann man sich das als Laie darunter vorstellen – wie sieht so eine Zusammenarbeit üblicher Weise in der Praxis aus? Wird es in Zukunft weitere Kooperationen mit anderen Glasfaser-Anbietern geben?
Christoph Handwerk: Kooperationen mit anderen Netzbetreibern sind eine tragende Säule unseres Glasfaser-Ausbaus. Wenn wir uns mit Wettbewerbern zu fairen, marktüblichen Konditionen auf eine Partnerschaft einigen, profitieren alle Beteiligten. Also die Unternehmen wie auch die Kund*innen. Deshalb sind wir offen dafür, weitere Partner für eine Zusammenarbeit zu gewinnen.
Glasfaser-Internet.info: Derzeit werden in der Praxis verschiedene Techniken für das Verlegen von Glasfaser eingesetzt, z.B. Trenching. Welche Verfahren haben sich besonders bewährt & welche weniger? Werden bereits neue Verlege-Techniken eingesetzt?
Christoph Handwerk: Trenching, wir sprechen auch vom Fräsverfahren in Mindertiefe, ist aus unserer Sicht ein besonders gut geeignetes Verfahren, um beim Ausbau schneller und effizienter zu werden. Deshalb versuchen wir, die Akzeptanz für die Technologie bei den Entscheidungsträger*innen in den Kommunen zu erhöhen. Je erfolgreicher wir bei dieser Überzeugungsarbeit sind, desto mehr können wir diese Verlegemethode einsetzen und damit beim Ausbau schneller vorankommen.
Glasfaser-Internet.info: Ihr Haus hat sich ja selbst anspruchsvolle Ziele gesetzt. 2024 schon, sollen 10 Millionen Haushalte mit dem firmeneigenen Glasfasernetz angebunden sein. 2030 sogar praktisch alle Haushalte! Zumindest in der Vergangenheit hat Ihr Unternehmen die Ziele stets erreicht. Sind die Pläne trotz aller Widrigkeiten der heutigen Zeit - Stichwort Fachkräftemangel, Inflation, Energiekriese, Materialknappheit und vor allem Bürokratie - noch erreichbar?
Christoph Handwerk: Die Telekom ist das Glasfaserunternehmen Nummer Eins in Deutschland. Und wir haben uns für unseren Glasfaserausbau ein ambitioniertes, aber erreichbares Ziel gesetzt. Im Bundesgebiet gibt es rund 50 Millionen Haushalte und Unternehmensstandorte. Bis 2030 wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, dass jeder dieser Haushalte und jedes dieser Unternehmen über einen Glasfaseranschluss verfügen kann.
Ganz konkret will die Telekom 30 Millionen Haushalten und Unternehmen einen Glasfaseranschluss ermöglichen. Aber wir haben immer betont, dass wir unser Land nicht allein digitalisieren können. Deshalb müssen unsere Wettbewerber ebenfalls einen Beitrag zum Glasfaserausbau leisten. Und natürlich spüren auch wir den Einfluss der aktuellen Entwicklungen. Aber von unserem Ziel rücken wir nicht ab, da es hier um die digitale Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland geht.
Glasfaser-Internet.info: Noch ein Wort zum Thema Nachhaltigkeit und Energieverbrauch. Trotz steigendem Datenverkehr soll der Energiebedarf künftig sinken oder zumindest gleich bleiben*. Welche Rolle spielen hier moderne Techniken wie Glasfaser aber auch 5G im Mobilfunknetz und welchen Beitrag können sie in diesem Zusammenhang leisten?
Christoph Handwerk: Grundsätzlich sehen wir für Glasfaser ein hohes Einsparungspotenzial im Vergleich zu Kupferkabeln, da die Übertragung von Daten hier optisch und nicht elektrisch stattfindet. Je weiter sich die Technologie also verbreitet, desto höher wird das Einsparungspotenzial. [Anmerkung der Redaktion: Laut einer Studie des VATM, verbraucht FTTH in etwa 3 Mal weniger Strom als kupferbasierte Vectoring/Super-Vectoring-Netze.]
Glasfaser-Internet.info: Das klingt ja alles sehr interessant. Dann freuen wir uns auf die "gläserne Zukunft" und danken für das aufschlussreiche Interview!