Vectoring für VDSL

Was ist Vectoring und welche Vorteile bringt das?


Schnelles Internet ist heute praktisch schon ein Grundbedürfnis, wie Strom oder fließend Wasser. Das Optimum sähe daher so aus: Alle deutschen Haushalte verfügen über Glasfaser-Internet mit Geschwindigkeiten im Gigabit-Bereich. Die Realität ist bekanntlich aber noch eine andere: Wer sein Internet-Anschluss nicht über einen Kabel-TV-Anbieter bezieht, sondern z.B. von der Dt. Telekom oder 1und1, muss sich oft schon glücklich schätzen, wenn er via VDSL mit Geschwindigkeiten bis maximal 50 MBit/s versorgt wird. Eine der Technologien, welche für höhere Datenraten im Festnetz sorgt, heißt Vectoring.

Wir zeigen, was das VDSL-Vectoring genannte Verfahren bringt und wo Vorteile sowie Nachteile liegen. Natürlich erfahren Sie auch, wie viel die schnellen Vectoring-Flatrates kosten und wer diese anbietet.

DSLAM am Strassenrand für VDSL-Vectoring

DSLAM Verteilerkasten für VDSL-Vectoring | Bild: Glasfaser-Internet.info


Kupferkabel als Nadelöhr

Beim Breitbandausbau via FTTC (VDSL), wird bereits ein erheblicher Teil der Strecke vom Provider zum Kunden mit schnellen Glasfasernetzen realisiert. Doch spätestens an der Straße des Kunden, am Kabelverzweiger, beginnt das Nadelöhr. Ab hier müssen die Daten über das gute alte Telefon-Kupferkabel laufen, wofür die VDSL-Technik zuständig ist. VDSL hat aber vereinfacht gesagt den Nachteil, dass hier die Geschwindigkeit mit zunehmender Entfernung durch Leitungsdämpfungen abnimmt. Dieser Effekt ist physikalisch bedingt. Theoretisch sind Glasfaserkabel die idealen Datentransporter, doch diese sind leider extrem teuer beim Ausbau, insbesondere außerhalb der Großstädte. Um höhere Geschwindigkeiten als 50 MBit/s zu erzielen, braucht es also technischer Weiterentwicklungen und hier kommt das Vectoringverfahren ins Spiel.

Detailsansicht Vectoring Gehäusekasten

So funktioniert Vectoring

So funktioniert Vectoring | Infografik Deutsche Telekom


Teurer Glasfaserausbau

Flächendeckend Glasfaser bis zum Haus (FTTB = Fibre to the Building) oder gar bis zum Internetanschluss in der Wohnung (FTTH = Fibre to the Home), wird noch etliche Jahre auf sich warten lassen (~2030), denn der dafür notwendige Netzausbau für Millionen Haushalte ist im Vergleich extrem teuer. Zwar bringt VDSL schon für über 86 Prozent der Haushalte Geschwindigkeiten bis 50 Mbit/s beim Download und 10 Mbit/s beim Upload. Doch in Zeiten von datenintensiven Diensten, wie Streaming in HD und Ultra-HD (z.B. Netflix) und Cloud-Services, reicht das oft nicht mehr aus. Höhere Geschwindigkeiten sind nötig!

Und genau hier kommt das sogenannte VDSL-Vectoring als eine Art Brückentechnik ins Spiel. Der französische Netzbetreiber Alcatel-Lucent, in dessen Bell Labs die Vectoring-Technik entwickelt wurde, versprach von Anfang an Bandbreiten von 100 (Downstream) bzw. 40 (Upstream) MBit/s - und zwar auch noch 500 Meter vom Kabelverzweiger entfernt. Genau diese Datenraten werden heute über VDSL-Vectoring unterstützten Tarife angeboten (Vergleich).





Kompatible Modems bzw. Router sind gefragt

Eine weitere Voraussetzung für ein funktionierendes Vectoring, ist die Hardware des Kunden. Das angeschlossene VDSL-Modem muss kompatibel zur Vectoringtechnik sein. Das trifft seit spätestens 2018 auf die meisten neueren Modelle (Fritzbox 3er-/7er-Serie) von AVM zu. Darüber hinaus Zyxel (VMG1312), Vodafone (Easybox 904xDSL und 905x), DrayTek (Vigor 130), Lancom (1781er-Serie), Allnet (ALL126AS3, ALLBM100) und TP-Link (Archer VR200v), um nur einige zu nennen. Bei der Telekom sind der Speedport Smart 3, Smart 4 und natürlich der Speedport Pro(+) kompatibel. PS: Bei einigen Modellen ist ein Firmware-Update nötig. Welche Router Vectoring unterstützten, erfahren Sie z.B. auch hier in unserer Routerübersicht.


Wer bietet Vectoring Tarife mit 100 MBit/s oder mehr?

Folgend finden Sie VDSL-Tarife mit 100 MBit/s im Download und 40 MBit/s im Upload der wichtigsten Anbieter Jeweils ohne etwaige Bereitstellungspreise und Onlinebuchungsrabatte oder Mietgebühren für Router. Diese finden Sie unter dem jeweiligen Link auf der Anbieterseite.

Deutsche Telekom: Wo der Provider bereits Vectoringtechnik ausgebaut hat, bieten die Bonner den "Magenta Zuhause L"-Tarif mit 100 MBit/s. Er kostet 47.95 Euro monatlich.

Vodafone: Bei den Düsseldorfern gibt es den Tarif "Gigazuhause DSL 100" 44.99 Euro pro Monat.

O2 Telefonica: Der Provider bietet via O2 den "DSL Home M"-Tarif, der 39.99 Euro kostet und damit zu den günstigsten gehört. Hier ist sogar eine Telefonflat für das dt. Festnetz und für Gespräche zum Handynetz enthalten.

1&1: Im Tarif "DSL 100" gibt es das superschnelle Highspeed-Internet 44.99 Euro.

VDSL Vectoring Anbieter MBit/s  Festnetzflat   Digital TV   Preis pro Monat   zum Anbieter 
1und1 Internet 100 MBit inklusive möglich ab 44.99 € » zum Anbieter
Deutsche Telekom 100 MBit inklusive möglich ab 47.95 € » zum Anbieter
O2 Telefonica 100 MBit inklusive möglich ab 39.99 € » zum Anbieter
Vodafone 100 MBit inklusive möglich ab 44.99 € » zum Anbieter

Spar-Tipp: Bei allen Anbietern gibt es für Neukunden bei Onlinebestellung teils sehr hohe Rabatte!

Stand des Ausbaus

Schaut man sich auf der Webseite der Deutschen Telekom den aktuellen Stand des Breitbandausbaus auf einer Deutschlandkarte an, sieht man nur relativ viele Flecken, auf denen bereits 100 MBit/s via VDSL verfügbar ist. Größere Städte und Ballungsräume wurden von den Bonnern zwar zunächst bevorzugt. Doch im ländlichen Raum ist das Verfahren seit spätestens 2019 ebenfalls großflächig angekommen. Zudem setzt der Konzern seit einigen Jahren auf die sogenannte Hybrid-Technik, welche (V)DSL und 5G/LTE kombiniert. Dadurch können sehr schnelle Flatrates ohne Volumenlimit auch bei langsamen (V)DSL-Zugängen angeboten werden.

Mitte 2024 konnten immerhin schon 36 Mio. Haushalte mit VDSL100 (also mit normalen Vectoring) versorgt werden. Die Entwicklung seit den Anfängen im Jahr 2014 haben wir in der folgenden Grafik zusammengefasst:




Die größten Festnetz-Konkurrenten der Dt. Telekom, also Vodafone und O2 Telefonica, bieten ihren Kunden ebenfalls VDSL-Vectoring-Anschlüsse an, welche von der Telekom als Vorleistungsprodukt angemietet werden. Preise, siehe oberer Abschnitt.

Breitbandausbau bei der Telekom

Breitbandausbau bei der Telekom | Bild: Glasfaser-Internet.info


Super-Vectoring als nächster Schritt

Bei 100 MBit/s Downloadspeed ist übrigens noch nicht Schluss! VDSL-Vectoring nutzt üblicherweise Frequenzen bis 17 MHz (möglich wären bis zu 30 MHz). Der chinesische Konzern Huawei hatte 2014 eine Downloadgeschwindigkeit von 400 Mbit/s auf einer Distanz von 300 Metern geschafft und dabei das Frequenzband bis auf 35 MHz erweitert. Wenig später konnten sogar 1000 MBit auf 250 Metern erzielt werden. Super-Vectoring nennt sich diese Technologie, welche mittelfristig mit G.fast konkurrieren könnte.

Mit Super-Vectoring konnten die Festnetzgeschwindigkeiten auf bis zu 250 MBit/s gesteigert werden. Also das 2.5fache "normaler" Vectoring-Anschlüsse. Im Sommer 2018 erfolgte der Startschuss. Welche Anbieter es gibt und was die Power-Zugänge kosten, erfahren Sie hier in unserem Supervectoring-Spezial.

DSL und VDSL-Typen und Datenraten

Gefahr für den Glasfaserausbau!?

Bei allen Vorteilen bringt VDSL-Vectoring aber - neben der Problematik mit der kompatiblen Hardware - einen weiteren Nachteil mit sich. Da die Kosten für die Vectoring-Aufrüstung nur schätzungsweise ein Drittel von den 80 Milliarden Euro ausmachen, welche die Deutsche Telekom einmal in einer Studie für den gesamten Glasfaserausbau in Deutschland hochgerechnet hatte, wählen die Netzbetreiber natürlich tendenziell diese günstigere Variante.

Die Versorgung der deutschen Haushalte mit richtig schnellem Internet via FTTH-Glasfaser, wird dadurch allerdings verzögert und in die Zukunft verlagert. Durch die Brückentechnik gehen also mitunter wieder mehrere Jahre für den so wichtigen Glasfaserausbau verloren, den Experten als äußerst wichtig für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland erachten.


Technik: Vectoring löst Problem des Übersprechens

Festnetz-Telefonkabel
Mit der Vectoring-Technik kann das sogenannte Übersprechen oder Cross Talking verhindert werden, also die oben schon angedeuteten physikalischen Probleme. Sämtliche Telefonkupferkabel, die vom Verteilerkasten zu den Häusern der Kunden führen, enthalten mehrere Tausend zusammengebündelte Kabelstränge. Und das ohne große Abschirmung! Rechts haben wir so ein Kabel abgebildet. Jedes bunte Pünktchen ist eine Festnetzleitung.

Für die klassische analoge Telefonie im Kilohertzbereich, waren die Dämpfungseffekte kein Problem, doch die elektromagnetischen Impulse bei der VDSL-Technik im Megahertzbereich stören sich gegenseitig in den Kabelbündeln (Übersprechen). Dadurch sinkt die Übertragungsqualität - nicht nur auf die Distanz, sondern auch abhängig von der Anzahl der Leitungen. Oft kommt von den theoretisch möglichen 50 MBit/s beim Einzelkunden nur die Hälfte an. Zudem kann daher die Datenrate nicht beliebig gesteigert werden.

Komplizierter Algorithmus gegen Übersprech-Probleme

Beim Vectoring wird nun ein Rechenverfahren eingesetzt, das die Leitungen in einem Kabelbündel überwacht und die durch das Übersprechen hervorgerufenen Störungen ausmerzt. Per Kanalkodierung wird vom Signalverteiler (DSLAM) im Kabelverzweiger sozusagen vorausberechnet, wie sich die einzelnen Leitungen im Kabelstrang gegenseitig beeinflussen und welche Störung am Ende beim Kunden auftreten wird. Diese Störung wird dann quasi neutralisiert, indem eine genau entgegengesetzte "Störung" initiiert wird. So ähnlich wie eine Schallwelle und eine exakte Gegenkopie, so dass sich diese komplett auslöschen.

Verteilerkasten (DSLAM) muss für Vectoring umgerüstet werden

Quellen: Deutsche Telekom, Vodafone Deutschland, Telefonica Germany


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