Klimaschutz durch Glasfaser-Internet

Hat FTTH wirklich eine bessere C02-Bilanz wie DSL?


Ratgeber: Glasfaser klimaschonender als Festnetz?

Das echte Glasfaser-Tarife extrem schnell sind, hat sicher jeder schon einmal gehört. Neuerdings wird aber immer häufiger betont, dass Internet über Glasfaser (Fiber) auch gut für die Umwelt ist, genauer gesagt klimaschonend. Was ist wirklich dran? Wir zeigen, ob und wie man mit der Wahl des Internetanschlusses wirklich CO2 sparen kann.

Schnelle Internetzugänge können heute mit mehreren Techniken realisiert werden. Einmal klassisch über das allseits bekannte DSL sowie dessen Verbesserung „VDSL“. Dabei wird noch das alte Kupfer-Telefonnetz zur Datenübertragung verwendet.

Auf der anderen Seite stehen moderne Glasfasernetze (FTTH & FTTB), welche immer mehr Verbreitung finden. Fiberoptische Anschlüsse bieten deutlich schnelleren Zugang zum Internet (bis Faktor 125 im Vergleich zu DSL) und sind stabiler. Gigabit-Datenraten können aber auch über die Kabelnetze in Ihren Haushalt kommen. Welche der drei Wege besser für die Ökobilanz ist, zeigen wir gleich! Zunächst kurz zum größten Traffic-Verursacher Nummer 1!


Haupt-Energiefresser Video-Streaming

Zunächst sei erwähnt, dass vor allem Videoübertragungen aller Art maßgeblich für den massiv steigenden Stromverbrauch im Netz verantwortlich sind. Einfach deshalb, weil Videos die größten Datenströme verursachen. Um eine Stunde TV bzw. Filme in Ultra-HD zu übertragen, müssen gut 7000 MB (7 GB) bewegt werden. Das sind fast 2 volle DVDs. Neben anderen energieintensiven Anwendungen, wie Bitcoin schürfen oder KI-Apps, ist Videostreaming daher momentan der "Klimakiller" Nr. 1 im Internet.


Laut einer Studie, beträgt der Energiebedarf eines Videostreaming-Anbieters wie Youtube, Netflix oder DAZN ca. 1,45 Gramm CO2 / Stunde. Gemessen bei einer Datenrate von 2 GBit/Stunde und HD-Qualität. Wohlgemerkt nur in dessen im Rechenzentrum. Nicht berücksichtigt sind hier der noch stattfindende Datentransport zum Nutzer und dem Energieverbrauch auf dessen Endgerät. Nutzt der Kunde z.B. (V)DSL als Internetzugang, erhöht sich die Emission um weitere 2 Gramm je Stunde Videostreaming auf insgesamt 4 Gramm CO2. Wird dagegen Glasfaser genutzt, kommen nur rund 0,5 Gramm hinzu. Richtig „schmutzig“ wird es, wenn der Transfer am Handy über LTE erfolgt. Dann sind es sogar in Summe 13 Gramm je Stunde. Die sparsamste Mobilfunktechnik ist 5G[1].


Videostreaming

CO2-Fussabdruck senken nur mit Tarifwechsel?

Einige Anbieter werben mittlerweile damit, dass Glasfaser nicht nur deutlich schneller ist (aktuell bis 2000 MBit/s) wie herkömmliches DSL oder VDSL (bis 250 MBit). Dank besserer Ökobilanz, lässt sich der eigene CO2-Abdruck reduzieren und gleichzeitig Energiekosten senken[2]. Also schnelleres Internet, Geld sparen und was für die Umwelt tun - viele Versprechen, die fast zu gut klingen. Doch ist da wirklich was dran? Wir haben uns nach belastbaren Zahlen umgesehen und sind tatsächlich fündig geworden!

Die folgende Grafik zeigt Glasfaser bis zur Wohnung (FTTH) oder bis zum Haus (FTTB) im Vergleich mit VDSL- und Kabel-Internetzugängen. Gemessen am Gesamtstromverbrauch in Megawatt auf alle Haushalte Deutschlandweit [3].

Strombedarf der Festnetz-Breitbandzugangsarten im Vergleich

Besonders der Wechsel von einem Kabel-Internetanschluss zu einem richtigen Glasfaser-Tarif kann um den Faktor 8 weniger Ressourcen verbrauchen – bei voller Auslastung sogar bis Faktor 17! Der Wechsel von DSL zu FTTH bringt immerhin ca. 3-fache Ersparnis bei der Ökobilanz, da die Systeme in der Gesamtheit wesentlich höhere Wirkungsgrade aufweisen.

Es gibt aber auch noch ein Gutachten vom Umweltbundesamt, das ähnliche Zahlen aufzeigt. Siehe dazu im nächsten Kapitel.


Fazit: Glasfaser ist besonders klimafreundlich und zudem am schnellsten!

Umweltbundesamt: Vergleich von VDSL und Glasfaser beim Energiebedarf

Das Umweltbundesamt hat in einem hauseigenen Gutachten mit dem Forschungsprojekt „Green Cloud Computing“ ebenfalls konkrete Zahlen parat[4]. Internetanschlüsse über DSL oder VDSL benötigen den Experten zufolge rund 4- bis 5-mal mehr Strom im Vergleich zu Glasfaserzugängen. Hier wiegt der Unterschied mehr im Vergleich zur oben schon vorgestellten Studie.

Stromverbrauch FTTH, VDSL, LTE und 5G im Vergleich


Künftig könnte der Spareffekt durch den Umstieg auf Glasfaser sogar noch stärker ausfallen, so die Experten weiter. Vorausgesetzt:

  • auch im Haushalt die letzten Meter in Zukunft noch mit Glasfaser (z.B. statt LAN-Kabel) überbrückt würden
  • seitens der Netzbetreiber noch bessere Modulationsverfahren eingesetzt werden (mehr Daten je Zeiteinheit)
  • mit spezieller Software weitere Einsparungen erzielt werden (z.B. Virtualisierung)
  • die Telekommunikationsnetzwerke weiter optimiert werden

Letzteren Punkt kann man auch gut an Quelle 4 Seite 104 ablesen. So benötigten die FTTH-Netze (Summe aller beteiligten Netzwerkkomponenten bis vor das Rechenzentrum des Internetproviders) für 1 GB pro Stunde im Jahr 2017 noch 0,44 Watt. 2020 waren es nur noch 0,35 W und 2023 0,27 Watt. Das entspricht einem jährlichen Rückgang von sagenhaften 8% (insgesamt 38,6%) nur durch technische Optimierung.


Effizientgewinne bei Glasfaser-Internet über die Jahre

Einordnung der Zahlen und Kritikpunkte

Konkret wurde bei der Studie vom Umweltbundesamt die Leistungsaufnahme (in Watt) für den Transfer von 1 Gigabyte verteilt auf eine Stunde bestimmt. Das entspricht zwar nur einer Datenrate von gut 2 Mbit/s, zeigt aber den unterschiedlichen Energiebedarf gut auf.

Allerdings gilt es zu bedenken, dass die Forscher hier nur eine modellhafte Rechnung vornahmen und nicht gänzlich alle Komponenten berücksichtigten. Der „reale Wert“ wird also noch etwas höher ausfallen. Der ermittelte Energiebedarf für den Datenstrom über VDSL bzw. Glasfaser umfasst im Modell nur die Wegstrecke bis 1000 km vom Kundenhaushalt zum Rechenzentrum. Nicht mit eingerechnet ist der Energieverbrauch beim Kunden, etwa in Form von WLAN-Routern, Switches, Repeater. Gleiches gilt für die genutzten Endgeräte, also Tablet, TV, Konsole und so weiter. Auch die Verarbeitung der Daten beim Internetanbieter oder Streamingprovider sind nicht berücksichtigt. Betrachtet wurde alleine der Energiebedarf für die Datenübertragung je Breitbandtechnik.

Daher gibt das Umweltbundesamt auch zu verstehen, dass Glasfaseranschlüsse nicht per se immer das Einsparpotenzial gegenüber DSL voll ausschöpfen. Dies trifft erst bei hohen Auslastungen und/oder vielen parallelen Datenströmen zu. Also z.B. wenn gleichzeitig drei TV-Geräte im Haushalt mit Netflix laufen. Bei Auslastungen über 150 MBit/s spielt dann die Glasfasertechnik aber deutliche Effizienzvorteile aus.

Nutzungsanteil ebenfalls relevant

Der Vorteil von Fiber gegenüber Festnetz fällt allerdings erst ins Gewicht, wenn genügend Haushalte auf die ökologischere Technik setzen. Erst ab einem Versorgungsgrad von zirka 30% spielt FTTH den Vorteil richtig aus. Das unterstreicht auch eine Untersuchung von Prof. Dr.-Ing. K. Obermann der Technischen Hochschule Mittelhessen. Wie die folgende Grafik zeigt, steigen die Spareffekte mit dem Auslastungsgrad deutlich. Bei 100% Vollversorgung mit FTTH (per GPON) könnten bundesweit auf das Jahr gerechnet 1000 Megawatt eingespart werden im Gegensatz zur Vollversorgung über VDSL (35b). [4].


Stromverbrauch pro GBit für Gesamtversorgung Deutschlands nach Versorgungsgrad


Nützt das auch meiner Stromrechnung?

Bedingt ja! Der Spareffekt ist natürlich nicht nur auf Rechenzentren und Verteilnetze beschränkt. Auch direkt bei Ihnen zu Hause kann ein Glasfaser-Tarif bares Geld sparen. Denn sowohl die hausinterne Verkabelung (sofern Fiber- statt LAN genutzt wird), als auch Zugangspunkt, Modems bzw. Router arbeiten prinzipiell effizienter. Leider fanden wir keine konkreten Zahlen, wie hoch das Einsparpotenzial in kwh/Jahr für ein Haushalt sein könnte. Wahrscheinlich fällt der Betrag relativ bescheiden aus, summiert sich aber über Millionen Haushalte schnell zu einem stattlichen Wert, die der Ökobilanz zugute kommt.


Mehr Einsparmöglichkeiten: So kann man zusätzlich den CO2-Foodprint senken

Auch wer schon einen Glasfaser-Tarif nutzt – mit einigen kleinen Änderungen im Internetalltag kann man weitere Emissionen sparen.

Möglichkeit 1) Etliche Internetseiten nutzen leider die lästige Video-Autoplayfunktion, so dass auch Inhalte abgespielt werden, obwohl man das vielleicht gerade garnicht möchte. Die einzigen Browser, welche eine Deaktivierung dieser Funktion noch zulassen, sind der Firefox (bei "Datenschutz & Sicherheit") und Safari. Bei Chrome und Edge beschränkt sich die Maßnahme auf automatische Ton-Deaktivierung. Nur in der mobilen Version lässt sich auch für Edge noch dem Autoplay den Garaus machen.

Möglichkeit 2) Downloads statt Streaming! Wer z.B. häufig bei Youtube immer dieselben Musikvideos aufruft, könnte diese stattdessen einfach speichern und lokal abspielen. Das geht z.B. am PC mit Tools wie dem „Video Download Helper" (Browserplugin) oder dem „4K Video Downloader“ (Tipp).

Auch bei Videostreamern wie Netflix gibt es Downloadmöglichkeiten (temporär). Dann lässt sich der Inhalt mehrfach lokal abspielen, ohne das Internetverkehr generiert wird.

Dann gibt es noch zahlreiche andere indirekte Sparmöglichkeiten. Videokonferenzen generieren zwar massig Traffic, können aber dennoch CO2 sparen. Beispielsweise wenn alle Teilnehmer erst für ein Treffen hätten anreisen müssen. Gleiches gilt analog für E-Learning (z.B. Vorlesung zu Hause), Homeoffice, Telearbeit oder sogar Arztbesuche (Telemedizin). Viele Ärzte bieten mittlerweile auch Beratung ohne Vorort-Termin per Videochat oder Telefon.


Zu Glasfaser wechseln

Die Frage ist vor allem, ob bei Ihnen schon GF verfügbar ist. Bisher trifft dies leider nur für einen Bruchteil aller Haushalte zu. Alle Anbieter bieten auf ihren Seiten einen Verfügbarkeitscheck. Preislich gibt es kaum noch Unterschiede – teilweise sind die Glasfaser-Tarife sogar günstiger wie die gleich schnellen VDSL-Pendants bis 250 MBit/s. In Sachen Preis-Leistung - also gemessen in MBit/s pro Euro - sind die Zugänge sogar unschlagbar. Was es gerade für Angebote gibt und wieviel Glasfaser-Internet kostet, zeigt hier unser großer Vergleich.

Auch der Glasfaser-Ausbau geht „grüner“

Vodafone hat bereits vor Jahren gezeigt, dass man für die Verlegung neuer Glasfaser-Leerrohre im Zuge des Netzausbaus nicht unbedingt tiefe Schneisen durch die Städte und Gemeinden ziehen muss. Zusammen mit dem Dienstleister „SPIE“, setzt der Konzern auch auf Saugbagger, welche minimalinvasiv Löcher für die Leitungen erzeugen. Dabei werden vor allem die Wurzeln umliegender Bäume geschont. [5]

Minimalinvasive Glasfaser-Verlegung bei Vodafone

Quelle: Vodafone


auch interessant:

» Wie schnell ist Glasfaser-Internet?
» Gibt es auch Prepaid-Glasfasertarife?


Quellen:
[1] PDF Umweltbundesamt
[2] Beispiele: https://www.werrakom.de/glasfaser/nachhaltigkeit.htmlhttps://www.deutsche-glasfaser.de/glasfaser/nachhaltigkeit
[3] Gutachten Nachhaltigkeit 2020 PDFBrekoverband Gutachten Nachhaltigkeit 2022
[4] Umweltbundesamt PDF Green Cloud Computing
[5] https://newsroom.vodafone.de/netz/pilotprojekt-in-freiburg-fuer-umweltschonenden-glasfaser-ausbau

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Ausbauarten Breiteband

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